Vermeintliche Informationspflichten des Arbeitgebers bei Entgeltumwandlung

Entwarnung durch das aktuelle BAG-Urteil?

by pensioncapital

Tenor des BAG-Urteils vom 18.02.2020 (Az. 3 AZR 206/18): Der Arbeitgeber kann nicht über etwas informieren, was es noch gar nicht gibt. Und er muss auch nicht über gesetzliche Änderungen informieren, die nach einem Vertragsabschluss erfolgen.

Mitarbeiter fordert Schadensersatz

Was war passiert? Ein Mitarbeiter hat im September 2003 einen Pensionskassen-Vertrag abgeschlossen.

Im November 2003 gab es eine Gesetzesänderung, dass ab 2004 fällige Kapitalleistungen aus betrieblicher Altersversorgung beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung sind. Davon will der Mitarbeiter erst mit Fälligkeit seiner Kapitalleistung aus der Pensionskasse in 2015 erfahren haben und verlangt nunmehr Schadensersatz, weil nach seiner Auffassung der Arbeitgeber darüber hätte aufklären müssen.

Da LAG Hamm hat sich im Dezember 2017 (06.12 2017, Az. 4 Sa 852/17) auf die Seite des Mitarbeiters gestellt, was bei vielen Arbeitgebern und Verbänden zu Unverständnis geführt hat.

Hypothetische Gesetzesänderungen nicht Teil der Aufklärung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun final entschieden, dass den Arbeitgeber in diesem Fall keine besondere Aufklärungspflicht trifft. Somit besteht kein Anspruch des Mitarbeiters.

Das BAG-Urteil ist mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar: Man kann von keinem Arbeitgeber (und auch sonst niemandem) verlangen, dass er seine Mitarbeiter auf mögliche zukünftige Gesetzesänderungen hinweist. Wie oft hätte man in der Vergangenheit „die Pferde scheu gemacht“, weil der Gesetzgeber eine erwartete Regelung kurz vor Weihnachten noch aus einem Gesetzentwurf streicht oder unerwartete Regelungen hereinnimmt?

Hätte der Mitarbeiter im umgekehrten Fall auch geklagt, weil man ihm etwas suggeriert hat, was dann doch nicht eingetreten ist?

Ohne die Urteilsbegründung lässt sich noch nicht sagen, inwiefern dieses BAG-Urteil sich auch über ausbleibende Informationen zu Vertragsabschluss bei bekannten Sachverhalten (z.B. Abgaben bei Fälligkeit oder geringere Ansprüche an die Sozialversicherung) anwenden lässt. Es ist gut vorstellbar, dass es hier zu einem anderen Urteil kommt.

Unser Rat: Transparente Kommunikation

Unabhängig der finalen rechtlichen Beurteilung ist eine transparente Kommunikation in Sachen Entgeltumwandlung notwendig. Wo es Vorteile gibt, gibt es auch Nachteile. Und darüber sollte der Arbeitgeber informieren. Die Mitarbeiter wissen das nach unserer Erfahrung sehr zu schätzen. Am Ende steht eine bewusste Entscheidung für die betriebliche Altersversorgung.

Zu gutem Employer Branding gehört nicht nur Trommeln. Das Darstellen von ausschließlich den Vorzügen unterschiedlicher Sozialleistungen reicht nicht aus. Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen sind Tugenden, die zu einem positiven Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter und auch zu einem positiven Image nach außen führt.

Arbeitgeber sollten die Information zur Entgeltumwandlung nicht den Produktanbietern überlassen. Vielmehr kommt es darauf an, als Arbeitgeber alle Aspekte verständlich und zielgruppengerecht darzustellen und in unterschiedlichen Formaten (Flyer, Veranstaltungen, Intranet, Video) zu kommunizieren. So wird aus der Entgeltumwandlung nicht nur ein finanzieller Vorteil des Mitarbeiters sondern auch echtes Employer Branding.

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